Zalipie, das märchenhaft bemalte Dorf

Die Ortschaft Zalipie im Südosten Polens könnte der Fantasie der Brüder Grimm entsprungen sein, aber ihr Ursprung ist weniger märchenhaft als bei „Hänsel und Gretel“. Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Häuser dieses Ortes, 90 Kilometer von Krakau entfernt, nicht ausreichend belüftet und die Wände färbten sich durch den Rauch der Kamine schwarz. Die Flecken wurden mit Kalk übertüncht, bis eine Bewohnerin auf die Idee kam, dem häuslichen Problem künstlerisches Flair zu verleihen. Sie malte eine Blume an die Wand, um die Rußflecken zu kaschieren.

Andere Bewohner von Zalipie machten es ihr nach und mit den Jahren verbesserten sie ihre Technik und erweiterten ihre Farbpalette, bis Zalipie schließlich als „bemaltes Dorf“ bekannt wurde. Das florale Kunsthandwerk wurde von Generation zu Generation weitervererbt – vor allem unter den Frauen – und heute schmücken die gemalten Ranken bereits Fenster, Möbel und Haushaltsgeräte.

Im Laufe der Jahre wurde der Prozess immer mehr verfeinert. Die ersten Bilder waren einfach. Da sie kein geeignetes Material hatten, stellten die Dorfbewohner ihre eigenen Farben und grobe Pinsel aus Holz und den Haaren aus den Schwänzen ihres Viehs her. Diese Tradition wird auch heute noch bewahrt, Jahrzehnte nachdem die Installationen in den Häusern modernisiert wurden und es in Zalipie keine Rußflecken mehr gibt, die man verbergen müsste. Der Brauch wurde als Motiv dafür genutzt, das Dorf während religiöser Feiertage präsentabel zu machen.

Als Heilmittel gegen die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde 1948 in Zalipie ein Wettbewerb der bemalten Hütten ausgetragen. Seitdem wird das Malowana Chata, so heißt diese Veranstaltung auf Polnisch, jedes Jahr nach Christi Himmelfahrt abgehalten. Zu diesem Anlass werden neue Blumen aufgemalt und die aufgefrischt, die ihre ursprüngliche Pracht verloren haben.

Zwar sind die bunten Häuser nicht mit dem Pfefferkuchenhaus aus dem Märchen vergleichbar, dafür sind ihre Bewohner aber wesentlich freundlicher und öffnen Besuchern gerne ihre Türen:

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